Stell dir vor wir haben Aufschwung und keiner merkt’s
Es ist mal wieder so weit, die aktuellen Prognosen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute liegen vor und wer hätte es gedacht, es sieht nicht mehr so rosig aus mit der deutschen Wirtschaft. Die Wirtschaftsforscher rechnen laut ihrem Herbstgutachten nur noch mit einem Wachstum von 0,5 Prozent für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Produktion in Deutschland ist seit eineinhalb Jahren rückläufig.
Die Hauptgründe sollen der Handelskonflikt der USA mit China sowie der bevorstehende Brexit sein. Aufgrund einer sehr hohen Verunsicherung sind viele Unternehmen nicht mehr bereit zu investieren bzw. sie investieren nur noch so viel wie wirklich nötig. Seitens der Wirtschaftsforscher sowie auch vom IWF wird eine Abkehr von der schwarzen Null und Investitionen seitens des Staates gefordert, um die Konjunktur wiederzubeleben. Es gibt bereits sehr starke Anzeichen dafür, das es zu einer Rezession kommen wird.
Interessanterweise müsste man annehmen, dass es den größten Exportrückgang mit den USA oder Großbritannien hätte geben müssen, es sind aber die Niederlande, welche im letzten Jahr noch der viertwichtigste Exportpartner von Deutschland waren, bedingt dadurch, dass sehr viele Waren über den Hafen in Rotterdam in alle Welt exportiert werden.
Man sagt sehr gerne, dass man die Entwicklung der Wirtschaft sehr gut an der Maschinenbaubranche ablesen kann. Im Maschinenbau hat sich im ersten Halbjahr dieses Jahres die Situation so stark verschlechtert, dass bereits Vergleiche mit dem Jahr 2009 herangezogen werden. Je schlechter es dieser Branche geht, desto schlechter geht es auch allen anderen Industrieunternehmen, die deren Maschinen für ihre Produktion benötigen.
Und damit wären wir jetzt bei der Automobilbranche. Die fetten Jahre der Automobilindustrie sind vorbei, Pleiten und Gewinnwarnungen haben die Aktien der Automobilhersteller und ihre Zulieferer auf Talfahrt geschickt. Die Automobilindustrie erlebt die schwerste Krise seit Jahren. Daimler, Volkswagen und BMW haben ihre Aktionäre mit Gewinnwarnung geschockt. Bei den Zulieferbetrieben wie Schaeffler, Continental, Leoni und Infineon sieht es nicht besser aus, der Lackieranlagenbauer Eisenmann musste sogar Insolvenz anmelden, ebenso Weber Automotive und weitere Zulieferbetriebe.
Die Verkaufszahlen für Neuwagen gehen weltweit nach unten, interessanterweise gibt es zwei Ausnahmen. In Deutschland haben die Neuzulassungen im ersten Halbjahr um 0,5 Prozent zugelegt und in Brasilien um 11 Prozent. Aber diese beiden Lichtblicke können natürlich nichts herausreißen, wenn es in allen anderen Ländern schlecht aussieht. Hinzu kommt der Wandel vom Verbrennungsmotor zu alternativen Antrieben. Elektroautos beispielsweise benötigen ca. 80 Prozent weniger Bauteile für den Motor als ein herkömmlicher Verbrennungsmotor, dementsprechend sind bereits jetzt schon viele Jobs weggefallen und es werden noch eine große Anzahl weiterer Jobs in Zukunft wegfallen. Die Branche befindet sich in einem deutlich schnelleren Umbruch, als sie selbst erwartet hätte. Für die einzelnen Unternehmen kam diese Geschwindigkeit sehr überraschend und hat sie schlichtweg auf dem falschen Bein erwischt.
Dennoch werden die großen Autobauer BMW, Daimler, Volkswagen und Porsche diesen Wandel mit Sicherheit schultern. Auch wenn Tesla immer sehr gerne als Vorzeigeunternehmen und Pionier für Elektrofahrzeuge gehandelt wird, muss man dennoch festhalten, dass die deutschen Autobauer technisch absolut nicht hinterherhinken. Sie haben sehr spät mit der Massenproduktion von Elektrofahrzeugen begonnen, holen aber deutlich auf und im Gegensatz zu den meisten reinen Elektrofahrzeugproduzenten auf der Welt, verdienen die deutschen Automobilhersteller jedes Jahr Milliarden und können aus ihrem eigenen Geschäftsbetrieb den Wandel finanzieren. Viele kleine Zulieferbetriebe werden vermutlich aber auf der Strecke bleiben.
Allerdings gibt es auch Erfolgsmodelle wie beispielsweise der Batteriehersteller Varta oder der Lichttechnikhersteller Hella. Beide Unternehmen haben rechtzeitig den Wandel erkannt, entsprechend investiert und zählen jetzt zu den Gewinnern der Krise.
In der Chemiebranche sieht es leider auch nicht viel besser aus, der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat einen Umsatzrückgang für das laufende Geschäftsjahr von 3 Prozent vermeldet sowie einen Produktionsrückgang von 4 Prozent.
Auch in der so hoch bejubelten Wind- und Solarbranche werden jedes Jahr Tausende Jobs abgebaut. Bis zum Jahre 2050 sollen 80 Prozent der deutschen Stromversorgung durch erneuerbare Energien erfolgen. Wie dies allerdings funktionieren soll, ist mir ein Rätsel. Im ersten Halbjahr dieses Jahres, man mag es kaum glauben, wurden lediglich 86 neue Windkrafträder an Land gebaut, wenn man von dieser Zahl noch die alten abgerissenen Windkrafträder abzieht, bleiben unterm Strich nur noch 35 über. Das ist natürlich auch keine Überraschung, wenn es nahezu unmöglich gemacht wird, überhaupt neue Windkrafträder aufzubauen. Wie der erzeugte Strom von Norddeutschland in nach Süddeutschland kommt, weiß auch keiner so richtig. Niemand will die Stromtrassen vor seiner Haustür haben und dementsprechend kommt der Netzausbau auch nicht voran.
Was bedeutet das nun für die Börse? Macht es Sinn jetzt noch weiter in Aktien zu investieren oder sie sogar zu verkaufen? Ich persönlich habe für mich entschieden, weiterhin Aktien zu kaufen, allerdings mache ich um sehr konjunkturabhängige Unternehmen mit einem hohen KGV und niedriger Dividendenrendite derzeit einen sehr großen Bogen. Ich kaufe vorwiegend nur noch Unternehmen mit Dividendenrenditen von über 5 %, die nicht ganz so stark konjunkturabhängig sind. Verkauft werden keine Aktien von mir.
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