HelloFresh Aktie 400% in einem Jahr – kommt bald der Absturz?
Die HelloFresh-Aktie (WKN: A16140 / ISIN: DE000A161408) hat von der Coronakrise bisher sehr gut profitiert. Der Umsatz hat sich im zweiten Quartal mehr als verdoppelt, auf 972 Millionen Euro. Die Kunden sind von 2,4 Millionen auf 4,2 Millionen gestiegen, was HelloFresh ein Ebitda von 153,6 Euro beschert hat.
Durch die Coronakrise waren die Restaurants geschlossen, die Menschen hatten Angst einkaufen zu gehen. Daher haben sie lieber auf die Kochboxen von HelloFresh zurückgegriffen, was den Aktienkurs hat explodieren lassen.
In den Medien habe ich jetzt kürzlich das Argument gehört, dass durch Home Office immer mehr Menschen auf die HelloFresh-Kochboxen zurückgreifen werden. Ich glaube das nicht.
Wie der Name Kochbox schon sagt, muss man das Essen noch selber kochen und sich dafür 30 bis 45 Minuten Zeit nehmen. Ich glaube kaum, dass jemand in der Arbeitszeit sich die Zeit nimmt, auch nicht im Home Office. Vor ein paar Tagen habe ich einen alten Bekannten getroffen, er betreibt seit fast 30 Jahren einen Essen-Lieferservice. Sein Geschäft brummt, 50 Prozent mehr Bestellungen, allerdings ist sein Essen fertig gekocht und bereits warm. Viele seiner Neukunden sind im Home Office.
Die Kochboxen richten sich eher an Privatpersonen. Es mag bequem sein, wenn man nur alleine lebt, auf diese Boxen zurückzugreifen. Es ist jeweils in Portionen abgepackt und so bleibt nichts übrig. Wenn ich mir eine Packung Karotten im Supermarkt kaufe, bleibt manchmal etwas übrig, allerdings kostet ein Kilo nur 79 Cent.
Die Kochboxen sind teurer, als wann ich mir die einzelnen Zutaten im Supermarkt kaufe. Mit einem vernünftigen Plan, wo man sich Gedanken über die Zusammenstellung der Gerichte für die Woche macht, kann man es sich auch so einrichten, dass weitestgehend alle Zutaten verbraucht werden. Der Supermarkt ist dann viel preiswerter und alles frischer.
HelloFresh ist in 14 Ländern aktiv. Von den 4,2 Millionen Kunden, befinden sich 2 Millionen in den USA. Das Geschäftsmodell ist sehr kostenintensiv. Es muss sehr viel Geld für Werbung ausgegeben werden. Ziel ist stets, Kunden zu bekommen, die regelmäßig bestellen, nicht nur ein oder zweimal. Hier liegt ein großes Problem. Oft klappt das nicht. Bisher hat noch kein Unternehmen mit diesem Geschäftsmodell bewiesen, dass es ohne hohe Marketingausgaben auch bestehen kann.
In den USA gibt es bereits das erste große Opfer. Der ehemalige Marktführer Blue Apron (WKN: A2PMA8 / ISIN: US09523Q2003) hat sich mittlerweile selbst zum Verkauf gestellt. Der Aktienkurs ist in der Tiefgarage.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen, wie bereits erwähnt, die hohen Werbekosten. Blue Apron musste aus Kostengründen die Ausgaben für Werbung herunterfahren, das Ergebnis waren weniger Kunden. Dann hat HelloFresh dem Unternehmen Kunden abgenommen und zu guter Letzt, Amazon.
Vor dem Börsengang von Blue Apron hatte Amazon damals gerade die Bio Supermarkt-Kette Whole Foods gekauft. Amazon ist ebenfalls in den Versand der Kochboxen eingestiegen, bietet sie auch in den Amazon Go Läden und bei Whole Foods an.
Amazon hat dieses Modell noch etwas weitergedacht. Whole Foods versendet an seiner Kunden Newsletter mit Kochrezepten. Auf Knopfdruck werden alle Zutaten in den virtuellen Einkaufskorb gepackt und sind zwei Stunden später per Prime beim Kunden.
In Deutschland gibt es bei einigen Supermärkten auf der Webseite auch Rezepte, wo man die Zutaten in den Einkaufswagen legen kann. Von dem Amazon-Service und der Liefergeschwindigkeit sind die aber noch weit entfernt.
Ich bin durchaus bereit, etwas Risiko bei einer Aktie einzugehen, HelloFresh ist mir aber zu heiß. Das Geschäftsmodell funktioniert nur über Masse, welche durch hohe Werbeausgaben kommt. Amazon rollt seinen Schnelllieferservice weltweit aus. Das wird HelloFresh vermutlich hart treffen. Ich fürchte, HelloFresh endet so, wie Blue Apron und fast alle anderen Projekte von Rocket Internet. Letztes Jahr ist Rocket Internet übrigens bei HelloFresh bereits komplett ausgestiegen.
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