Der beste Bankkunde ist alt und doof
Menschen über 55 Jahre besitzen die Hälfte des Gesamtvermögens. Offiziell heißen sie „Best Ager“ (Menschen im besten Alter) bei den Banken, dies klingt viel netter, als wie sie im Bankenjargon eigentlich genannt werden, nämlich „A+D-Kunden“ oder „Leos“. „A+D“ steht für „alt und doof“, „Leos“ für „leicht erreichbare Opfer“.
Viele von den Senioren haben gar keine Ahnung vom Investieren, denen kann man alles andrehen. Sie vertrauen noch dem netten Bankbeamten, der sie zu sich zu einem Käffchen mit Keksen ins Büro einlädt. Um Vertrauen aufzubauen, erzählt der gut erzogene junge Banker mit Anzug und Krawatte, bisschen was aus seinem Leben und dann geht es zur Sache. Er ist gerade erst in seinen Zwanziger Jahren und schon Finanzexperte, Sachen gibt es. Das Beratungsgespräch ist sogar kostenlos, wie schön. Andere Berater verlangen Geld, wie unverschämt.
Auch wenn sie sich Bankberater nennen, sind es Verkäufer. Den deutschen Banken geht es seit Jahren schlecht, die Niedrigzinsen und Onlinebanken machen ihnen stark zu schaffen. Filialen wurden geschlossen, Personal abgebaut. Wer nicht auch wegrationalisiert werden will, muss verkaufen. Der Kostendruck bei den Banken ist enorm.
Es gibt von den Bank-Zentralen Verkaufsvorgaben für die Geschäftsstellen, diese werde denn auf die einzelnen Mitarbeiter heruntergebrochen. In den Vorgaben ist festgelegt, wie viele Bausparverträge, Lebensversicherungen, Riester-Renten, Girokonten, Kreditkarten usw. verkauft werden müssen. Kommt ein Berater nicht auf diese Menge, sieht es schlecht mit dem Bonus aus, im schlimmsten Fall auch für seinen Job. Dann wird er von einem noch jüngeren ersetzt.
Die angebotenen Finanzprodukte bieten den Bankern hohe Provisionen, nur für die Kunden sind es nicht immer die besten Produkte. Bei der Pleite von Lehman Brothers in der Finanzkrise 2008/2009 war der durchschnittliche Kunde 64 Jahre alt, der solche Papiere besessen hat.
Generell ist es so, dass Kunden mit viel Geld besser beraten werden als der 08/15-Kunde. Banken ordnen Kunden nach Kategorien ein, je nach Vermögen. Wer ein normales Einkommen hat, der bekommt die Standard-Sachen angedreht, Bausparverträge, Lebensversicherungen, Zertifikate und solch Zeug.
Kunden mit großen Vermögen sind lukrativer für die Bank, da läuft es anders. Die kennen sich oft auch besser aus, wissen, dass Bankgebühren nicht in Stein gemeißelt sind, sie sind verhandelbar. Der 08/15-Kunde kann nichts verhandeln.
Banken verkaufen gerne aktive Fonds, wo sie hohe Verwaltungsgebühren verlangen können. Dazu kommt oft ein Ausgabeaufschlag von fünf Prozent. Index-Fonds werden von den Banken ganz ungern angeboten, meist nur auf Nachfrage, weil sie wenig daran verdienen. Für einen ETF würde ich nicht zur Bank gehen. Diesen kann jeder Anleger online abschließen und sich den günstigsten Anbieter heraussuchen.
Hin und Her macht bekanntlich die Taschen leer, allerdings nur die vom Kunden. Dies wissen die Banker ganz genau. Deswegen rufen sie gerne alle zwei Jahre bei den älteren Kunden an, schließlich haben sie Zeit mal in der Bankfiliale vorbeizukommen. Der Enkel fährt Omi bestimmt mit seinem neuen Auto gerne mal zur Bank. Dann wird das Depot und das angelegte Geld umgeschichtet, weg mit der Microsoft Aktien, her mit SAP, weg mit dem Zertifikat, her mit dem Fonds. Der Berater freut sich, wieder Provision verdient. Der Kunde hat keine Ahnung und genehmigt das.
Viele Berater haben gar keine Ahnung von dem, was sie überhaupt verkaufen. Sie können den Kunden nicht genau erklären, wie ein Zertifikat oder ein bestimmtes Finanzprodukt, welches sie vertreiben sollen, funktioniert und was es enthält. Mehr als den Flyer haben sie selbst meist nie gelesen. Dies würden sie nie zugeben, ist aber so. Wenn der Berater die Risiken nicht versteht, woher sollen die Kunden die dann kennen?
Jeder, der kein Geld verlieren möchte, muss sich selbst mit dem Investieren beschäftigen. Wer keine Lust oder oft auch als Grund genannt, keine Zeit dafür hat, was genau so Blödsinn ist, der darf sich nicht wundern und rumheulen, wenn er auf die Nase fällt und Geld verliert. Es gibt unabhängige Finanzberater. Dort kostet das Beratungsgespräch Geld, aber dafür schielen die nicht auf die Provision. Im Grunde braucht man diese aber auch nicht. Alles, was man wissen muss, steht kostenlos im Internet.
Viele Sparer sind allerdings alles andere als schlau, unabhängig vom Alter. Die sind nicht in der Lage die simpelsten Sachen zu verstehen. Anstatt sich einen ETF zu kaufen, bleiben sie lieber bei Ihrem Sparbuch ohne Zinsen, wo die Inflation das Geld nach und nach auffrisst, die Kaufkraft sinkt.
55 Prozent der deutschen Sparer besitzen ein Sparbuch. Denen ist auch nicht mehr zu helfen. Seit 20 Jahren wird überall in den Medien und von den Verbraucherzentralen vor dem Sparbuch als Kapitalvernichter gewarnt, dennoch wird munter so weiter gespart. Sie kommen nicht einmal auf die Idee, das Geld auf ein Tagesgeldkonto zu packen, wo die Zinsen wenigstens etwas höher sind. Aktien oder ETFs, dies ist die Lösung für Rendite, das Sparbuch hat ausgedient.
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