Wie geht es weiter mit der Wirecard-Aktie? – Was mache ich mit meinen 110 Aktien?
Diese Frage stellen sich viele. Ich selbst besitze 110 Wirecard-Aktien, dies hatte ich ja schon einmal in einem anderen Beitrag gezeigt. Ein Großteil meiner Position habe ich vor einiger Zeit zu 76 Euro gekauft, bin daher im Plus.
Vor zwei Jahren notierte die Wirecard-Aktie noch bei fast 200 Euro, heute bei rund 92 Euro. Es gab eine Vielzahl von negativen Meldungen. Der schwerwiegendste Vorwurf ist Bilanzmanipulation gegen Wirecard. Entkräften konnte das Unternehmen diesen durch den KPMG-Bericht nicht. Es bestehen jetzt noch mehr offene Fragen als zuvor. Der Bericht ging ziemlich nach hinten los für Wirecard.
Es gibt Klagen gegen Wirecard, die Bafin hat Wirecard wegen Finanzmarktmanipulation angezeigt, es gab eine Hausdurchsuchung, mehrfache Verschiebung der Konzernbilanz 2019 und vieles mehr. Kann es noch schlimmer werden? Eigentlich nur, wenn jemand die mögliche Bilanzmanipulation beweisen könnte. Wirecard hat Besserung gelobt. Seit Dezember 2019 hat das Unternehmen angeblich alle Daten über die Buchungen selbst vorliegen.
Nun soll der Wirecard Aufsichtsrat laut Gerüchten mit einem Softbank Vision-Fund-Manager verstärkt werden. Die Börse hat dies als positives Signal gewertet. Ich bin mir da nicht so begeistert von. Der damals rund 100 Milliarden Euro schwere Vision-Fund von Softbank hat 2019 15,3 Milliarden Euro Verlust gemacht. Softbank selbst rund 6,4 Milliarden Euro. Ich sage nur WeWork-Debakel und Uber.
Wie man auf die Idee kommen kann in den Milliarden-Flop WeWork zu investieren und es dann auch noch kaufen zu wollen, zu einem total überzogenen Preis, ist mir ein Rätsel. Auch wenn die Übernahme erst einmal abgeblasen zu sein scheint, würde es mich nicht wundern, wenn nach der Coronakrise ein zweiter Anlauf erfolgt, zu einem vielleicht niedrigeren Kaufpreis.
Beteiligungen in Höhe von 38 Milliarden Euro sollen angeblich verkauft werden, um die Aktionäre so besänftigen. Mit dabei soll auch der Anteil an der Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile US sein, von 20 Milliarden Dollar Kaufpreis ist die Rede. Als möglicher Käufer wird die Deutsche Telekom gehandelt.
Zurück zu Wirecard. Am 18. Juni 2020 soll es nun soweit sein, dann soll die Bilanz für 2019 vorliegen. Was kann nun passieren? Eine Möglichkeit wäre, es kommt zu einer weiteren Verschiebung, der Aktienkurs stürzt weiter ab. Traue ich den Verantwortlichen bei Wirecard zu, glaube ich aber diesmal nicht. Das Testat wird vermutlich daher eher auf dem letzten Drücker vorgelegt, vielleicht auch wieder am nächsten Tag, wie der KPMG-Bericht.
Dazu garniert gibt es dann das übliche Geschwafel und Besänftigungen für die Aktionäre. Mehr Compliance, Verstärkung für den Aufsichtsrat, man bestätigt wieder die Prognosen, verweist darauf, dass KPMG nichts gefunden hat, will die Dokumentation weiter verbessern, paar neue Gesichter. So ungefähr wird es laufen.
Nun stellt sich die Frage, was steht wohl genau in dem Testat drin? Davon hängt ab, wie sich die Aktie entwickelt. Das Testat von Ernst & Young (EY) bestimmt die Entwicklung des Aktienkurses. Fällt es eindeutig positiv aus, wird die Aktie hochschießen. Vielleicht liegen auch mittlerweile Aussagen von KPMG zu der Prüfung der Buchungen im Dezember vor, Wirecard soll ab diesem Monat alle Daten selbst besitzen. Es sind allerdings 200 Millionen Datensätze, kaum händisch zu prüfen. Wenn die Buchungen so von KPMG bestätigt würden, könnte dies die Aktie nach oben treiben und einige Zweifel wegwischen.
EY wäre ziemlich blöd, wenn die ein uneingeschränktes Testat geben würden. Wenn sich im Nachhinein doch eine Bilanzmanipulation herausstellen sollte, kämen auf EY Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe zu. Daher wird sich der Bericht vermutlich so lesen wie der von KPMG und viele Fragen weiter offen lassen. Dies kann den Aktienkurs erneut abstürzen lassen.
Daher stellt sich nun die Frage, was machen? Generell gesagt, ist die Aktie ein Schnäppchen. Vergleichbare Unternehmen sind ein paar Mal so hoch bewertet, das KGV von Adyen ist 9 Mal so hoch. Die letzten Analystenschätzungen lagen bei einem Kurs zwischen 190 und 230 Euro. Die Aktie lag schon einmal bei fast 200 Euro vor zwei Jahren. Ohne diese Vorwürfe wäre die Aktie schon abgegangen wie eine Rakete.
Generell suche ich ja immer gute Buy and Hold Aktien. Man könnte einen sicheren Weg gehen, wenn man im Plus ist wie ich. Meist, auch das letzte Mal, zieht die Aktie vor dem angekündigten Testat noch einmal kräftig an. Man könnte dann so viele Aktien verkaufen, dass man seinen Kapitaleinsatz heraus hat und die verbleibenden Aktien behält man. Dann ist das Risiko erst einmal herausgenommen.
Stürzt die Aktie ab, kauft man günstiger nach. Steigt sie, investiert man das abgezogene Geld woanders, man besitzt ja noch Aktien, die von dem Kursanstieg profitieren. Diese Strategie werde ich umsetzen, wenn die Aktie über 130 Euro steigt, ansonsten halte ich still und verkaufe keine Aktien.
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Hallo Klaus,
wenn ich das richtig verstanden habe, konnte (wollte?) Wirecard über grundlegende Entwicklungen seiner Geschäftspraxis keine Auskunft erteilen. Das stört mich als Mittelständler enorm; denn ich habe mit meinem kleinen Unternehmen sehr weitreichende Offenlegungspflichten. Ob mir das gefällt oder nicht. Bei Verzögerungen, die bei der Übermittlung von Auskünften entstehen, kann ich mit teils erheblichen Sanktionen rechnen.
Ich kann alle meine Geschäftsfelder und -praktiken lückenlos und transparent nachweisen. Dazu sollte jedes solide geführtes Unternehmen jederzeit in der Lage sein. Andernfalls ist es nicht solide, um nicht zu sagen unseriös.
Falls ich ein Unternehmen im Depot habe, das irgendwann einmal in Schwierigkeiten geraten sollte, nachdem ich dessen Aktien erworben habe, kommt es sehr darauf an, wie schnell es dies aufklären kann. Tut es das Unternehmen nicht, weil es nicht kann oder will, dann scheint mir etwas im Busche zu sein, und dann trenne ich mich von meinen Anteilen. Alles andere ist mir zu abenteuerlich.
Gruß, Mogul
Hallo Mogul,
der KPMG-Bericht hat noch mehr Fragen aufgeworfen, als vorher schon bestanden haben. Da stand auch drin, dass Mitarbeitergespräche erst Monate später stattgefunden haben, viele Belege und Original-Verträge fehlen und vieles mehr. Das ist weder lückenlos noch transparent. In Deutschland würde das Finanzamt jedem kleinen Unternehmer die Gurgel umdrehen, wenn der nicht alles nachweisen kann. Was mir auch aufgestoßen ist, dass der eine Drittpartner angeblich wegen den Medienberichten sein Geschäft eingestellt hat, aber die Holding wohl unter anderem Namen dann dort weitermacht. Sehr praktisch für Wirecard, finde ich. Dies wirft Fragen auf. Es ist eine Wette mit Wirecard, nichts anderes. Man sollte es als Risiko betrachten. Daher hatte ich am Ende meines Beitrages ja meine Überlegung mitgeteilt, da ich im Plus bin, sobald die Aktie nochmal stärker anzieht, mein eingesetztes Kapital abzuziehen und die verbleibenden Aktien nur zu behalten als Buy and Hold. Dann wäre das Risiko raus. Momentan zieht die Aktie wieder an, die Frage ist, wie weit das geht bis zum Tag X.
LG Klaus