Passives Einkommen mit Immobilien aufbauen – dies sagen dir die Coaches nicht!
Ein passives Einkommen mit Immobilien aufzubauen ist der Traum vieler. Immobilie kaufen, bisschen schick herrichten und schwups kommt das Geld jeden Monat auf dem Konto an. Nach Abzug der Kreditrate für die Bank bleiben noch 50 Euro übrig, der Mieter bezahlt die Immobilie.
Ist doch eine ganz einfach Rechnung, 50 Wohnungen und schon hat man 2.500 Euro und kann seinen Job kündigen. Ein paar Jahre später ist man Millionär durch die Wertsteigerung. Sind Immobilien nicht toll?
So wird es vielen Ahnungslosen verkauft. Man kann sich kaum noch ein YouTube-Video anschauen, wo nicht irgendwelche selbsternannten Coaches ihre teuren Kurse verkaufen wollen. Teilweise wird damit geworben, dass nach dem Kurs viele Teilnehmer innerhalb kurzer Zeit gekündigt haben, samt Ehefrau, Schwiegermutter und Dackel. Alle machen jetzt in Immobilien und verdienen sich eine goldene Nase.
Ich bin seit 20 Jahren selbstständiger Immobilienmakler, vermiete jedes Jahr viele Wohnungen für Investoren, kenne sehr viele Immobilienbesitzer. Einige von denen besitzen 200 Immobilien. Mit 200 Immobilien meine ich nicht Wohnungen, sondern Mehrfamilienhäuser. Ich kann dir sagen, dass die Realität nicht so ist, wie es in den Videos dargestellt wird.
Die von mir genannten Immobilien-Investoren haben nach der Wende angefangen, ein glückliches Händchen gehabt und in größeren Städten und deren Speckgürteln gekauft, die sich gut entwickelt haben.
Andere haben viel zu teuer gekauft und sind böse auf die Nase gefallen, diese Fälle gab es auch, sehr viele sogar. Jetzt sind viele Immobilien abbezahlt, oft auch schon nach der Spekulationsfrist verkauft und zu Geld gemacht. Heute kaufen sie eher selten noch Immobilien, hier und da mal ein interessantes Projekt. Sie haben das Risiko herausgenommen aus ihrem Portfolio. Die Mieten sind seit damals gestiegen, sie verdienen damit heute gutes Geld, kein Grund für unnötige Risiken.
Die Coaches reden gerne von der finanziellen Freiheit mit Immobilien, soll alles ganz leicht sein und schnell gehen. So einfach ist das gar nicht, wie es dargestellt wird. Diese Coaches interviewen sich alle gegenseitig, werden auch immer noch teilweise selbst gecoacht, wie sie so gerne betonen. Warum eigentlich, sie sind doch Immobilienexperten? Dies ist ein Widerspruch. Wenn man Experte ist, warum muss man sich noch von anderen Experten coachen lassen? Offenbar sind die wohl dann doch keine Experten.
Dann wird ein Kursteilnehmer herausgepickt und nach vorne gestellt, der dann erzählt, wie toll das alles ist. Bitte glaube mir, so ist das nicht. Seitdem ich meinen Blog habe, erhalte ich auch immer mehr Mails von Lesern, einige wollen auch mit Immobilien ein passives Einkommen aufbauen und möchten dann Tipps von mir haben.
Ich kann dir aus der Praxis sagen, dass Wohnimmobilien nicht passiv sind. Ich besitze privat Ackerland auch etwas Wald, dies könnte man als passiv bezeichnen. Mein Ackerland ist seit Jahrzehnten an einen Landwirtschaftsbetrieb verpachtet, dazu erhalte ich Geld von der Jagdgenossenschaft.
Vor Jahren hatte ich mal im Wald bisschen Schädlingsbefall, da hatte sich dann jemand gefunden, der diese Bäume entfernt und sich das Holz zum Verbrennen als Gegenleistung genommen hat. Dann wurde noch einmal gespritzt, hatte mich aber nichts gekostet. Ich hatte Glück, es kann auch teuer enden.
Wohnimmobilien sind eine ganz andere Nummer. Je mehr Immobilien man besitzt, desto schneller hast du einen neuen Vollzeit-Job. Wohnungen müssen neu vermietet werden, dies sollte man selber machen und die Mieter intensiv prüfen. Wohnungen müssen saniert bzw. renoviert werden.
Diese tollen Rechenmodelle, dass eine Wohnung für 5.000 Euro wieder schick aussieht, funktionieren nur, wenn die Wohnung einige Jahre zuvor komplett renoviert wurde und jetzt nur gemalert, Parkett aufpoliert oder neue Auslegeware verlegt wird, neue Toilette, Wasserhähne und einige andere Kleinigkeiten gemacht werden müssen.
Wenn die Mieter da schon sehr lange wohnen und ausziehen, dann kostet eine 65 Quadratmeter große Wohnung wieder schick zu machen zwischen 15.000 und 25.000 Euro, dies ist realistischer. Solche Kosten kalkuliert kaum jemand ein. Handwerker sind teuer.
Einige sagen jetzt, ich mache das selber. In diesem Fall ist das nicht passiv und kostet immer noch Geld, nur eben etwas weniger. Alles kann man nicht selber machen. Ein E-Check ist wichtig für die Sicherheit. Selbst der kostet schon in so einer kleinen Wohnung um die 100 Euro.
Gerne wird auch an der falschen Stelle gespart, da muss man die Erfahrung haben. Ein beliebter Fehler ist die Mischbatterie, also der Wasserhahn. Einige kaufen die billigsten für 20 Euro. Dies ist unklug. Besser man kauft die hochwertigeren für um die 60 bis 80 Euro. Oft hat man Probleme mit den Billigen, sie werden undicht, dann muss man einen Handwerker hinschicken, dies kostet um die 200 bis 250 Euro inklusive Material.
Nun sagen wieder einige, mach ich selber, nicht so kompliziert. Natürlich mache ich das auch bei mir zu Hause selber, aber wer will zu einem Mieter gehen und das bei dem machen, während er daneben steht oder noch schlimmer, wenn der Toilettenabfluss tropft und dann an der versifften Toilette herumbasteln? Wie sieht das denn aus als Vermieter?
Ich wundere mich oft, wenn ich solche Kalkulationen in einigen Videos sehe, die sind meist sehr realitätsfern. Noch unüberschaubarer sind Sanierungen von ganzen Häusern. Man kauft meist die Katze im Sack. Erst wenn man alles entkernt hat, sieht man, was wirklich Sache ist und dies kostet eigentlich immer mehr, als man geplant hat.
Immobilien machen sehr viel Arbeit. Die Hausverwaltung ist nur eine Sache. Wer schon lange im Geschäft ist und viele Immobilien besitzt, der macht dies selber über eine eigene Hausverwaltung bzw. hat dafür Angestellte, dies kostet Geld, die werden krank, wollen in den Urlaub.
Wenn man es machen lässt durch eine Firma, dann kostet die Hausverwaltung so um die 25 bis 35 Euro je Wohnung und Monat, geht nach Wohneinheiten. Dazu kommen meist weitere Kosten für neue Mieter im Computer anlegen, Jahresabrechnung und vieles mehr. Hausverwalterkosten können ein Renditekiller sein, wenn die Mieten niedrig sind.
Mieter ziehen auch meist öfter aus, als man es geplant hat. Ich habe noch nie erlebt, dass man nach einem Auszug eine Wohnung sofort ohne weitere Kosten vermieten kann. Man muss immer einige Tausend Euro in die Hand nehmen.
Nun zieht einer aus und man Leerstand. Wenn man mit dem Mieter gut kann, erlaubt er vorher schon Besichtigungen durchzuführen. Dies ist toll, führt aber nicht immer zum Ziel. Oft sieht die Wohnung nicht so gut aus, ist verwohnt, ist manchmal auch nicht optimal eingerichtet. Dies schreckt oft Mietinteressenten ab, weil ihnen die Vorstellungsgabe fehlt. Hat man nun einen Mieter gefunden, dann hat der meist selbst drei Monate Kündigungsfrist. Solange steht die Wohnung dann leer, keine Mieteinnahmen. Wenn einer sofort einziehen kann, sollte man hellhörig werden.
Dann gibt es noch Mietausfälle, dies wird auch richtig teuer. Wir haben jetzt in der Corona-Pandemie gesehen, dass es sogar staatlich unterstützt wird, die Miete auszusetzen. Nicht jeder kann die dann später nachzahlen. Oft sind die Rücklagen bei den Immobilienbesitzern viel zu knapp kalkuliert, der Cashflow wird dann negativ.
Bei Immobilien zählen die drei „L“, Lage, Lage und Lage. Oft wird sich nicht daran gehalten. Es werden Immobilien gekauft, gerne in Ostdeutschland, wo die Mieten um die 4 Euro je Quadratmeter liegen. Die Investoren sehen den „günstigen“ Kaufpreis und schlagen zu, ohne genau zu rechnen. Wir machen mal eine Rechnung auf.
Du kaufst ein Mehrfamilienhaus, musst alle Wohnungen herrichten. Nach und nach macht man dies meist, wenn einer auszieht. Oft steht beim Kauf auch schon die ein oder andere Wohnung leer im Haus. Eine Wohnung mit um die 65 Quadratmeter kostet dich um die 20.000 Euro zu sanieren. Klingt viel, ist aber eher wenig angesetzt von mir. Eine gute Wohnung hat Balkon, den herzurichten, mit Geländer, kostet allein schon um die 3.000 Euro.
Nun bekommst du im Monat also 260 Euro Netto-Miete, auf das Jahr 3.120 Euro. Somit dauert es fast 6,5 Jahre, um nur die Kosten für die Sanierung der Wohnung zu amortisieren. Als Vermieter hat man aber auch laufende Kosten über diese Zeit, die man nicht umlegen kann, die kommen noch dazu. Rechnen wir wieder sehr optimistisch und runden auf 7 Jahre auf.
Du brauchst also 7 Jahre, bis du deine Kosten wieder hereingeholt hast. In diesen 7 Jahren hat dein Mieter aber noch nicht einen Cent deines Kredites getilgt, dies war aber doch das eigentliche Ziel, oder? Du siehst, ist gar nicht so einfach mit so niedrigen Mieteinnahmen auf einen grünen Zweig zu kommen.
Wie lange ist eigentliche die durchschnittliche Mietdauer in Deutschland? Rate mal. Lauf einer Umfrage von Haus und Grund Berlin sind es 8 Jahre. Du hast also nach 7 Jahren deine Unkosten für die Sanierung heraus in meinem Rechenbeispiel, dann wohnt der noch ein Jahr und du musst wieder einige Tausend Euro für die Renovierung in die Hand nehmen, damit der nächste Mieter da einziehen kann. Willkommen im Hamsterrad!
Deswegen ist es besser, Immobilien in Gegenden zu kaufen, wo die Mieten höher sind, sodass man seine Sanierungskosten schneller wieder amortisiert hat. Die Handwerkerkosten sind mehr oder weniger gleich hoch in Deutschland, in Westdeutschland etwas höher. Natürlich kostet so eine Immobilie mehr.
Gegenden, wo die Mieten niedrig sind, sollte man oft als Investor meiden. Meist ziehen die Menschen aus diesen Regionen weg. Dies drückt die Immobilienpreise. Vielen Investoren denken, die Immobilienpreise kennen nur eine Richtung, nach oben. So ist es nicht, es gibt auch viele Gegenden in Deutschland, da sinken die Immobilienpreise. Man muss in den Gegenden kaufen, wo die Einwohnerzahlen seit Jahren ansteigen.
Ich kann dir einen Link mit einer schönen Deutschlandkarte empfehlen, wo die Immobilienpreise bis 2023 vermutlich sinken werden:
Man soll optimistisch durch das Leben gehen, dies ist vollkommen richtig. Allerdings darf die Skepsis auch nicht fehlen. Man kann mit Immobilien Geld verdienen und sich ein Einkommen aufbauen, aber nicht passiv. Immobilien machen viel Arbeit und kosten eine Menge Geld.
Wenn man einige Wohnungen zum Mietende sieht, dann ist es manchmal wirklich zum Verzweifeln, da reicht auch die Kaution dann nicht mehr aus. In einigen Wohnungen wurden Tiere gehalten, alles zerkratzt, die Einbauküche, Türen, Parkett und Wände. Einige Mieter versterben auch, werden erst nach Wochen gefunden. Dies stinkt so richtig, noch nach Wochen. Es gibt Wohnungen, da liegt ein halber Meter hoch der Müll, andere wurden nicht richtig gelüftet, voller Schimmel. Solche Sachen zu beheben kosten richtig Geld.
Wenn man Immobilien kauft, dann Qualität. Am besten mit einer Wohnung erst einmal anfangen, noch besser eine, die bereits vermietet ist. Wenn die sich rechnet auf dem Papier, erst einmal gut. Aber prüfe das Haus vorher intensiv, nicht, dass da bald ein neues Dach, Fenster oder Heizung ansteht. Suche dir eine Immobilie, wo am Haus die nächsten Jahre nichts gemacht werden muss, dies ist sicherer für den Immobilieneinstieg.
Lies vor den Kauf die Protokolle der Eigentümerversammlungen, und zwar gründlich. Da verstecken sich manchmal einige unschöne Sachen drin und man bekommt einen ersten Eindruck von den anderen Eigentümern. Wohnungseigentümerversammlungen sind oft schlimmer als ein Zahnarztbesuch.
Teste auch mal den Wasserdruck, bei obenliegenden Wohnungen ist er manchmal sehr niedrig, sehr unschön. Achte auch auf Schimmel, Feuchtigkeit, Hausschwamm und Holzwürmer im Dachstuhl. Sprich mit anderen Mietern des Hauses, alleine natürlich, bevor du kaufst. In jedem Haus gibt es eine Tratschtante, die musst du nur finden, dann weißt du alles, was du über das Haus, Mieter und ihre Familie wissen musst oder gar nicht wissen wolltest.
Gut vermieten lassen sich Immobilien mit Balkon und Parkplatz in guter Lage, mit Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten, Schulen, Kindergärten und guter Verkehrsanbindung in der Nähe. Es gibt viele kleinere Städte, wo die Einwohnerzahl steigt oder auch der Speckgürtel großer Städte. Da sind die Kaufpreise niedriger. In Großstädten direkt zu kaufen rechnet sich absolut nicht mehr.
Eine Wohnung sollte stets helle Farben haben, diese sind massenkompatibel bei der Vermietung. Die Mieter sind anspruchsvoller geworden als früher. Wenn du nicht gerade in München oder Frankfurt vermietest, wo 100 Mietinteressenten Schlange stehen und fast alles mieten, dann musst du auch eine gewissen Qualität bei deiner Immobilie bieten, sonst nehmen die deine Wohnung nicht.
Noch ein vorletzter Tipp. Mehr Rendite bringen kurzzeitige Mietverträge, wie WGs für Studenten, Vermietung an Touristen oder Handwerker. Ich kenne jemanden, der hat extra Häuser hergerichtet, wo er nur an Unternehmen, wie Handwerker oder Fabriken vermietet. Hier reden wir über Renditen von bis zu 20 Prozent. Für diese Varianten muss die Lage stimmen. Wenn keine Universität in der Nähe ist, kann man schlecht WGs an Studenten vermieten, ohne eine große Stadt bekommt man die Handwerkerzimmer auch nicht voll. Ist die Landschaft nicht schön, kommen keine Touristen. Dies macht zwar alles mehr Arbeit, bringt aber auch mehr Rendite.
Zum Abschluss der letzte Tipp. Du brauchst keinen teuren Immobilienkurs oder einen Coach. Alle Informationen kannst du kostenlos im Internet erhalten. Ich persönlich tendiere aber eher zu Aktien, als zu Immobilien als Kapitalanlage, weniger Stress.
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Schöner Artikel! Ich kann die selbsternannten Coaches inkl. der aufdringlichen Werbevideos auch nicht mehr sehen. Insbesondere bei dem Wort “skalieren” bekomme ich regelmäßig das Kopfschütteln. Als könnte sich jeder Mensch x-beliebig viele Wohnungen kaufen, um so sein passives Einkommen nach belieben nach oben zu schrauben… Dann kann es ja bald mit dem “zurücklehnen und der Frührente mit Mitte 20” losgehen. Letztens erst ein Video gesehen, bei dem ein ehem. Coaching-Teilnehmer nun sein erstes “MILLIONEN-PROJEKT” umsetzt… #Augenrollen
Hallo Max,
ja, diese Entwicklung artet aus. Ist aber nicht nur bei Immobilien so. Ganz extrem ist es auch bei Online-Marketing. Jeder soll jetzt Online-Kurse vermarkten oder Dropshipping betreiben. Fast alle fallen damit auf die Nase. Ich kenne zwei Personen, die verdienen wirklich viel Geld mit Kursen, hoch sechsstellig. Der eine Verkauft über 10 Stunden Video-Content für 9,99 Euro, hat mehrere Kurse, die andere Kurse zwischen 500 und 2.000 Euro. Beide machen es aber auf die seriöse Art und haben wirklich guten Content, man kann auch Fragen stellen. Die schwarzen Schafe sind das Problem. Ich habe nichts gegen Kurse, solange sie seriös sind. Die dürfen auch Geld kosten, auch viel Geld, solange Preis und Leistung stimmen und die Kursteilnehmer am Ende sagen, war den Preis wert.
LG Klaus